11. Juli 2011 Christian Heep

Nicht drängeln..?

Editorial von Christian Heep, Vize-Präsident im Bundesverband eMobilität und Chefredakteur der NEUEN MOBILITÄT / Ausgabe 04 / Juli 2011

Mit leicht erhobener Stimme, autoritär anmutend, besserwisserisch und gleichzeitig ebenso drängelnd hört man ihn immer wieder. Den leicht aggressiven Unterton, die latente Angst selbst später zum Zug zu kommen, etwas zu verpassen. »Nicht drängeln..!« ist doch schon ein Indikator für Beharrlichkeit in der eigenen Person, der eigenen Einschätzung.

Daneben existiert aber auch das ruhige, sanfte Gemüt, das mit leicht monotoner Stimme, aber ebenso wissend daherkommende und ebenso überlegene »Nicht drängeln.« in langgezogener Tonalität.

Das titelgebende, überrascht fragende »Nicht drängeln..?« zeigt die Brisanz hinter dieser prekären Fehleinschätzung, Erschließt sich am Ende aber leider nicht nur demjenigen Kortex, der es denn verzapft und politisch verschuldet hat, sondern vielmehr seinem Schützling in den verschiedensten Vorkommen: Dem gemeinen Bürger, dem Arbeiter oder Angestellten in der Automobil- und Zulieferindustrie und in weiterer Folge im Grunde jedem Teilnehmer unserer Wertschöpfungskette bis hin zur Europa, die sich das so wohl bei der Namensgebung damals nicht vorgestellt hatte.

Ich bin mir natürlich der Tatsache bewusst, dass ich offensichtlich auch etwas besser weiß, aber damit bin ich ja zum Glück ebenso wenig allein und habe auf meiner Seite die Kollegen Vernunft, Nachhaltigkeit und eine gehörige Portion ermöglichenden Fortschritts. Flankierend stehen mir mahnend auch die zunehmende Ressourcenknappheit, sowie der Klima- und Umweltschutz argumentativ zur Seite.

Doch kommen wir hier nun mal zum Punkt. Um den Spannungsbogen ein letztes Mal zu bemühen, vielleicht einen weiteren antiken Sprung in die demokratische Wiege unserer heutigen Wertvorstellung. Allerdings erinnern heutige Herangehensweisen teils in erschreckender Weise an die Anfänge der Begrenzung politischer Partizipationsrechte. In diesem Sinne kommen wir also auf den von mir gern bewußt provokant kommentierten zweiten Bericht der Nationalen Nullrunde Elektromobilität und das darauf folgende Regierungsprogramm mit tatsächlich noch mehr Massenträgheit, was bei den vielen Wörtern schon erstaunlich ist. Gedrängelt hat hier wirklich keiner..! Eine nationale Anleitung in Richtung Leitmarkt sieht wahrlich anders aus und lässt die Subventionsforderung eher taktil erscheinen.

Na, jedenfalls ging es mir ja um die Begriffe Gleichstellung und Gerechtigkeit oder am besten gleich um beide. Beispielhaft lässt sich das an der Dienstwagenbesteuerung klären. Wenn man also nach über sechs langen Monaten endlich dahinter kommt, dass bei der Besteuerung von Elektrodienstwagen die Anschaffung eben dieser zukunftsweisenden und regierungsseitig ja eindeutig gewünschten Vehikel ein offensichtlicher Missstand vorlag und man diesen nun entsprechend korrigiert, dann kann man doch bitte für diese reine Gleichstellungsmaßnahme keinen Applaus erwarten, geschweige denn das als honorablen Punkt in sein ohnehin nur einen einzigen weiteren relevanten Punkt umfassendes Regierungspaket übernehmen. Wer jetzt allen Ernstes wirklich glauben möchte, dass sich damit ein elektromobiler Leitmarkt erschließen lässt, der assimiliere sich bitte eigenständig wieder in eine der nörgelnden Reihen zurück.

Leider ist wiederholt zu befürchten, dass wir unsere Chancen auf dem Zukunftsmarkt Mobilität aufs Spiel setzen. Warum..? Ganz einfach: Weil die anderen drängeln..! Sie drängeln sich auf ihrem Markt und bald auch auf unserem in Deutschland oder Europa – das spielt gar keine Rolle. Eine Rolle aber können wir spielen, indem wir endlich anfangen Leitmarkt zu werden. Vorreiter, Vordenker, Mitspieler und eben auch ein bisschen Drängler. Wem jetzt das Wort nicht gefällt und da stimme ich tendenziell mit ein, der werde doch einfach politisch sichtbar und fordere den notwendigen Systemwechsel. Am pragmatischsten funktioniert das natürlich im oberen Bereich der Kommandostruktur. Also genau da, wo es ja bereits gewollt ist. Auch hier komme ich leider nicht umhin in Eintönigkeit zu konstatieren, dass unser Leitmarktanspruch überhaupt nicht zur vorherrschenden Förderablehnung passt.

Ein weithin sichtbares Zeichen für Erste Flotten, der meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit finden wird, ist eine Dienstwagenbesteuerung iHv. exakt 0% und eine Befreiung von der Kfz-Steuer. Als nächsten Schritt sehe ich die von uns geforderte heterogene Förderverteilung auf Käufer und Hersteller. Dann wird auch eine kalkulierbare Erfolgsstory daraus, da eben nicht eine pauschalierte Millionenförderung in die Konzerne fließt, sondern eine leistungsbezogene.

Wenn das keine 2,5 Mrd. Euro wert sein soll für die ersten 250.000 Elektroautos, dann weiß ich es auch nicht. Zudem es sich ja nicht um zusätzliche Mittel handelt, sondern lediglich um eine andere Verteilung. Steuerrückflüsse, der Dank nachfolgender Generationen, weniger Klimafolgenschäden, steigende Exportquoten, Arbeitsplätze und Wohlstand auch nach 2020 in Deutschland und Europa noch nicht mal eingerechnet.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen nun nach meiner kleinen Einstimmung ein durchweg positives Lesevergnügen, freue mich auch in Zukunft auf eine gute und elektromobile Zusammenarbeit und empfehle, den ganzen Artikel nochmal zu lesen und zwar im Fokus Erneuerbarer Energien und Sie werden mit Leichtigkeit eine Parallelisierung erfahren.

Christian Heep
christian.heep@bem-ev.de

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