17. Oktober 2013 Christian Heep

Alea iacta est

Editorial von Christian Heep, Vize-Präsident im Bundesverband eMobilität und Chefredakteur der NEUEN MOBILITÄT / Ausgabe 13 / September 2013

»Der Würfel ist gefallen.« So lautet die traditionelle deutsche Übersetzung aus den Asterix-Comics, die dem Sprichwort allerdings eine falsche Bedeutung gibt. Beim Teutates. Ursprünglich ging es bei der Aussage Cäsars im Januar 49 v. Chr. darum, die Situation der Überschreitung des Grenzflusses Rubikon nördlich vom heutigen Rimini zu beschreiben, was unwiderruflich den Bürgerkrieg gegen Pompeius bedeutete.

»Der Würfel ist geworfen« im Sinne von »Das Wagnis ist eingegangen« rief Cäsar und zitierte damit ein weit verbreitetes griechisches Sprichwort aus Menanders Komödie Arrhephoros, die den Augenblick einer Entscheidung beschreibt, in der man beschließt zu handeln, die Würfel zu werfen, diese aber noch nicht zu Boden gefallen sind. Der Menandervers lautet vollständig: Beschlossen ist die Sache; aufgeworfen sei der Würfel.

Diese Fehlinterpretation hat jedoch auch Vorteile; offenbart doch die Implikation von Absicht und Entscheidung eine logische Verknüpfung zur tatsächlichen Umsetzung. So sind die Würfel der Elektromobilität bereits vor langer Zeit geworfen worden und wir sind uns, insbesondere nach den Erfahrungen der IAA nun sicher, dass dem Wurf auch konkrete Maßnahmen folgen werden.
Allerdings sollte man bedenken, dass Werner Siemens bereits 1866 mit der Entdeckung des elektrodynamischen Prinzips den Grundstein für den Elektroantrieb legte und 1881 Gustave Trouvé den emobilen Würfel mit 12 km/h erstmals »geworfen« hat. Ihm folgten 1899 La Jamais Contente von Camille Jenatzy mit der Rekordmarke von über 105 km/h, 1900 der Lohner-Porsche, 1908 der Mercedes Electrique, 1912 die Deutsche Bahn mit der Einführung des 16,7-Hz-Bahnstrombetriebs in Deutschland, 1941 der Peugeot VLV, der Nissan Tama im Jahre 1947, 1969 der BMW 1602 und der Mercedes Elektrobus 1972, um nur einige historische Momente zu erwähnen. Viele weitere folgten bis heute.

Die Ölkrise Anfang der 70er Jahre dauerte wohl nicht lang genug und in den 90ern wurde der EV1 von General Motors in der Wüste verschrottet. Der Anreiz der Gesetzgebung zur Emissionssenkung wurde damals gekippt. Das hatte natürlich nichts damit zu tun, dass die postfossile Technologie bis auf weiteres aufgegeben wurde. Die Parallele zur derzeitigen Diskussion über die CO2-Grenzwerte, die in der Europäischen Union insbesondere auf deutschen Widerstand gestoßen ist, hat ebenfalls keinerlei Auswirkungen auf die Entwicklungsgeschwindigkeit und Durchsetzung der Elektromobilität.
Natürlich nicht..

Als Cäsar, Werner Siemens, Gustave und seine zahlreichen emobilen Pioniere die Würfel ins Rollen brachten, hatten sie eine klare Vorstellung von dem, was sie erwartete. Sie haben beschlossen zu handeln und mit entsprechenden Konsequenzen gerechnet. Sie haben die Welt mit Erkenntnissen und technologischem Fortschritt bereichert und uns damit die Möglichkeit gegeben, Mobilität und Energie mit Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz sowie Klima- und Umweltschutz in Einklang zu bringen.

Toll. Allerdings reicht es nicht, die Würfel nur zu werfen. Die Absicht dahinter muss auch gegen Widerstände anderer Interessen verteidigt werden; sie muss sich durchsetzen. Denn die Idee ist beim Wurf zwar klar, nicht aber die tatsächliche Umsetzung, was uns die über 130-jährige Geschichte der Elektromobilität ja eindrucksvoll aufzeigt.

Zusammengefasst bedeutet die historische Analogie, dass die Vielzahl elektromobiler Vorreiter, die sich heute aufgestellt haben, um eine Neue Mobilität Realität werden zu lassen, sich nicht auf ihren ersten Erfolgen ausruhen dürfen. Nur zu statuieren, wir wären Leitmarkt und Leitanbieter, ist genauso falsch, wie die Übersetzung, der Würfel sei bereits gefallen. Nein. Das ist er noch nicht.
Er ist auf einem guten Weg. Zugegeben. Aber seine Flugbahn sollten wir schon weiterhin ganz genau beobachten und gegebenenfalls auch korrigieren, die Bahn freiräumen und aktiv darauf hinwirken, dass sich die Welt der Mobilität endlich so entwickelt, wie wir uns das vorstellen.

Die Zeit scheint nun wirklich reif für die Idee emissionsarmer Antriebsarten auf Basis Erneuerbarer Energien und für ein generelles Umdenken in Bezug auf unser Energie- und Mobilitätsverhalten. Am besten lässt sich so eine Flugbahn im übrigen durch politische Rahmenbedingungen beeinflussen. Interessant und hoffnungsvoll ist an dieser Stelle, dass unsere Bonus-Malus-Idee einer CO2-abhängigen Kfz-Steuerreform in Politik und Medien zunehmend diskutiert und gefordert wird. Dies ist aber nur ein Schlüssel in einem eigendynamischen Maßnahmenpaket. Gern klären wir Sie über weitere auf..

In diesem Sinne, wünsche ich unseren Lesern eine Regierungskoalition, die sich dem Thema aktiv annimmt und eine erfolgreiche eCarTec, die Ihnen erneut zeigt, dass der Würfel den Rubikon bereits überschritten hat.

Christian Heep
christian.heep@bem-ev.de

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